Der Bahnhof ist größer als der Bielefelder und der Herforder Bahnhof zusammen, der Ausgang zu den Schiffen ist aber trotzdem leicht zu finden. Die Suche nach der richtigen Fähre gestaltete sich dann schon etwas schwieriger. Unsere sachkundige Reiseleitung weiss aber unseren Zielort und so entdecken wir relativ schnell den letzten in einer langen Reihe von Fähranlegern, die den Ij überqueren, der Nord-Amsterdam vom Centrum trennt. Amstel-Botel ist unser Zuhause für die nächsten Tage, ein ausgedientes grosses Flusskreuzfahrtschiff. Mit eigener Dusche und

WC und einer kleinen, aber zweckmäßig ausgestatteten Kabine ist es für die Zeit, die wir hier verbringen werden, völlig ausreichend. Von allen Kabinen hat man Blick aufs Wasser, auch wenn von unserer der Blick durch den Steg etwas verdeckt wird.

Erst mal was essen und dann eine Grachtenrundfahrt, dass ist das Programm für heute Nachmittag. Also suchen wir den Anleger für die Rundfahrtschiffe. Direkt am Bahnhof gibt es einen, den haben wir aber durch die Baustelle übersehen und so bekommen wir schon einen ersten Eindruck von der Innenstadt auf einem längeren Fussweg bis zum Rokin.

Nach so viel Input brauchen wir erst einmal eine Pause.

Gleich neben dem Rokin finden wir ein kleines Café in einer genauso kleinen Gasse.

Unsere Stative haben wir in einem Schließfach am Bahnhof deponiert, also müssen noch einmal dorthin, bevor wir uns auf die Suche begeben nach einem schönen Motiv für die blaue Stunde und nach einem Restaurant für das Abendessen. Hierbei gibt es unweigerlich leichte Interessenkonflikte zwischen den Befehlen des hungrigen Magens und dem Wunsch nach einem schönen Foto. Bei einem großen Teil der Gruppe siegt nach einiger Zeit der Magen, sie halten den übrig gebliebenen Fotografen aber beim benachbarten Italiener einen Platz frei.

Koffer in die Kabine, Klamotten in den Schrank, Fotorucksack noch einmal gecheckt (Stativ mitnehmen oder nicht??), eine halbe Stunde später treffen wir uns im Foyer, um Amsterdam zu erkunden. Die Fähre fährt alle 30 Minuten und bringt uns in 15 Min. über den Ij zum Bahnhof. Auf der anderen Seite des Bahnhofs erwartet uns eine Baustelle.  Mit dem Verkehr in Amsterdam müssen wir erst warm werden. Wenn man die Straße überquert hat, ist man noch lange nicht aus der Gefahrenzone. Lautlos aber schnell nähern sich von beiden Seiten Radfahrer, erst im letzten Moment wird man durch ein lautes Klingeln zu einem beherzten Sprung auf den Bürgersteig bewegt, wenn der nicht gerade von Fahrrädern zugeparkt ist. Laut Wikipedia soll es 550000 Fietjes in Amsterdam geben und ich glaube, ein großer Teil davon parkt in und vor dem dreistöckigen Fahrradparkhaus am Bahnhof und der Rest (außer denen, denen wir auf den Radwegen begegnen), steht an jedem Brückengeländer und jeder Laterne in der Stadt, manchmal so lange, dass das Unkraut schon durch sie hindurch wächst.

Um halb sechs sitzen wir dann glücklichen in einem dieser Boote, schön verteilt, jeder an einem Fensterplatz, da unser Boot nach oben mit einem Glasdach geschlossen und damit nicht sehr fotografenfreundlich ist. Über die Heerengracht und die Amstel geht es in die Prinzengracht, vorbei an den 7 Brücken der Reguliersgracht und später an dem uns schon bekannten Bahnhof vorbei hinaus auf den Ij. Nach 1 Std. haben wir unseren Startpunkt wieder erreicht und von Amsterdam schon mal einiges gesehen und erfahren: Zum Beispiel über die Dienstboten, die immer einen eigenen, oft mehr als steilen und kleinen Zugang in den Keller hatten, über die Häuser Großer und Kleiner Bruder, über das Haus des Bürgermeister, das auch direkt an einer Gracht liegt, über ein großes schwimmendes chinesisches Restaurant mit Platz für 700 Gäste, dessen noch viel größeres Vorbild irgendwo in China ist, über die vielen Grachten, die zusammen eine Länge von 80 km haben und von mehr als 1000 Brücken überspannt werden. Die vielen anderen Informationen habe ich schon wieder vergessen oder beim Fotografieren nicht richtig zugehört.

Der nächste Morgen erwartet uns mit dunklen Wolken und Regen, aber noch während des Frühstücks erschient am westlichen Horizont ein heller Streifen und kurze Zeit später haben wir blauen Himmel über uns - und den Rest des Tages ideales Fotowetter mit Wechsel zwischen Schäfchenwolken und dramatisch dunklen Wolken, aber ohne Regen.

Wir starten den Rundgang diesmal am Dam mit dem Königspalast, den ich eher enttäuschend schlicht empfinde. Weiter geht es durch die Fußgänger- und Einkaufsstraße, die Kalverstraat. Der nächste Programmpunkt ist der Begijnenhof, 41 Häuser mit schönen kleinen Vorgärten, die sich um einen Platz gruppieren und früher von frommen Frauen bewohnt wurden.

Der Blumenmarkt ist das, was er sein soll, nebenbei aber noch ein riesiger Andenkenladen. Nach dem Mittagessen suchen wir das Jordaanviertel, aber da, wo laut iPhone-App das Viertel sein soll, sieht es nicht so aus, wie im Reiseführer beschrieben. Für die Kaffeepause finden wir dann aber doch noch ein uriges Café in einer schönen Straße, die der Beschreibung nahe kommt.

Auf den Grachten herrscht den ganzen Tag ein reger  Verkehr, nicht nur die Touristen vergnügen sich mit einer Rundfahrt, auch die Amsterdamer fahren mit großen und kleinen Booten, mal mit einer gut gekleideten Gruppe junger Leute auf einer offenen Schaluppe, mal mit nur 2 Personen in einem schicken kleinen Dampfer mit Kapitän, mal auf einem kleinen Floß, mal in einem Motorboot, dessen PS-starkem Motor dieses langsame Schippern auf den Kanälen bestimmt nicht gefällt. Gestern haben wir auf unserer Rundfahrt erfahren, dass pro Woche mindestens ein Auto in einen der Kanäle fällt, heute sehen wir, das hier auch noch anderes schwimmt: Fernseher, Styropor, Plastikflaschen, sogar ein Dixi-Klo wurde gesichtet. Entlang der Prinsengracht nähern wir uns wieder dem Bahnhof. Das ist auch gut so, Rücken und Füße wollen nicht mehr. Am Anleger erwartet uns noch ein kleiner Höhepunkt, die Aida blu, riesig mit ihrer 250 m Länge gegenüber den kleinen Grachtenbooten, zieht direkt vor uns zu ihrem Liegeplatz hinter dem Bahnhof.

Nach einer kurzen Pause im Hotel fahren wir abends wieder mit der Fähre nach Amsterdam. Das Abendessen ist Mittel zum Zweck - schnell und nicht zu teuer satt werden, danach geht es einigermaßen ausgeruht wieder in den Grachtengürtel, rechtzeitig zur blauen Stunde. Problem ist nur, dass die Blaue Stunde noch nicht einmal eine Stunde dauert und so ein Standortwechsel nur bei kurzen Wegen dazwischen möglich ist. So ein Platz bietet sich an der Ecke Herengracht, Leidsegracht, von dem aus theoretisch die 7 beleuchteten Brücken zu sehen sind, die die Leidsegracht überspannen. Praktisch kann man die letzten auf den Fotos zwar nicht erkennen, der Blick ist aber klasse. Von hier aus sind es nur wenige Schritte zur Ecke Keizeersgracht und Leidsegracht. Ich habe die beleuchteten Rundbögen nicht gezählt, die man von dieser Stelle sieht, es müssen aber ungefähr zehn sein. Die Maggere Brugg soll auch ein sehr lohnenswertes Fotomotiv sein, bis wir soweit sind, dass wir weitergehen können, ist aber der tiefblaue

Himmel in Schwarz übergegangen und wir

entschließen uns, den Füßen nicht noch mehr zuzumuten und uns auf den Rückweg zum Fähranleger zu machen.


Sonntag morgen, Koffer packen ist angesagt. Davor oder danach, je nach Mentalität, gibt es wieder ein reichhaltiges, leckeres Frühstück. Danach verlassen wir unser schwimmendes Zuhause der letzten beiden Tage wieder und fahren ein letztes Mal über den Ij zum Bahnhof. Um beweglich zu bleiben, verstauen wir als erstes das Gepäck in den Schließfächern.

Die Ausstellung World Press Photo Award 2011 in der Oude Kerk ist unser Ziel, vom Bahnhof sind es nur wenige Minuten zu laufen. Aber die hat heute erst ab 13 Uhr geöffnet, und jetzt ist es erst 11:30 Uhr - was tun?

Erst mal einen Kaffee trinken, dann sehen wir weiter. Gleich in der Nähe liegt ein kleines Café mit einer Terrasse an der Gracht, mit ein wenig Mühe finden wir hier auch für uns alle ein Plätzchen. Die Fotoapparate sind hier aber nicht erwünscht, das gibt uns die Kellnerin deutlich zu verstehen. Wir sind hier mitten im Rotlicht- und Coffeeshop-Viertel, und die, die hier sitzen, möchten nicht fotografisch festgehalten werden, wahrscheinlich liegt es aber auch an der Anzahl und der Qualität der Apparate. Durch kleine Gassen mit belebten Schaufenstern und einer Condomerie (noch etwas, dass es in Bielefeld nicht gibt) landen wir wieder am Damrak.


Hier trennen wir uns, ein Teil geht shoppen, ein Teil in die Ausstellung und der Rest in das Restaurant 1e Klas am Bahnhof, das vom Gleis 2b aus zu erreichen ist und eine sehr schöne Ausstattung inklusive fotogenem Papagei, aber auch entsprechende Preise hat. Bis zur Einfahrt des Zuges hat die Gruppe wieder zusammen gefunden, die Zugfahrt verläuft ohne besondere Vorkommnisse und ohne große Verspätung, nur die Westfalen-Bahn von Osnabrück aus ist voller Sonntags-Ausflügler und es dauert ein bisschen, bis alle einen Platz gefunden haben.

Ein fotoreiches und schönes Wochenende ist zu Ende. Die Frage: wer hat die meisten Fotos? konnte noch nicht geklärt werden.